Samstag, 23. Mai 2015

Wann waren Sie zuletzt beim Augenarzt?

Dieser Tage hatte ich einen bis zum Zeitpunkt der Vorstellung durchaus gesunden und fitten Patienten behandelt, der allerdings mehr als zweo Jahrzehnte nicht beim Augenarzt war. 

Das Leben mit allen Sinnen erfassen...


Er kam zu mir wegen akut aufgetretener Sehstörungen. Seine Symptomatik, die er beschrieb passte zu den relativ häufig vorkommenden Glaskörperabhebungen, die in 99 von 100 Fällen allerdings keine weiteren therapeutischen Konsequenzen haben und keiner weiteren Behandlung bedürfen. Doch die geschilderte Symptomatik liess für den aufmerksamen und erfahrenen Untersucher bereits vermuten, dass in diesem Fall etwas nicht stimmte und ich es nicht mit der üblichen Glaskörperabhebung zu tun hatte, sondern bereits eine Blutung im Auge vorliegen musste. Ein dunkle Ahnung vor dem Hintergrund der langjährigen klinischen und praktischen Erfahrung beschlich mich so denn...

Meistens sind derartige Symptome (Russregen, schwarze Punkte, Fäden, Schatten, Blitze vor dem Auge) im frühen Stadium Zeochen einer Lochbildung oder einer beginnenden Netzhautablösung beim Patienten und umgehend und zeitnah noch am selben Tag abzuklären, ehe es zu einer Sehverschlechterung kommt. Wenn eine solche durch Lochbildung in der Regel verursachte Glaskörperblutung rechtzeitig erkannt wird und die Netzhaut noch anliegt, kann diese mittels Laser oder Vereisung in aller Regel sicher und zuverlässig behandelt werden... 

Doch in diesem Fall erlebte ich schon beim ersten orientierenden Blick auf die zentrale Netzhaut - ehe ich die obligatorische Pupillenerweiterung durchführte - eine böse Überraschung.

Zwar waren nicht viele Details erkennbar, doch was ich sah passte nicht zu der klinischen Erfahrung aus der Untersuchung von geschätzt rund 160000 bis 200000 Augen in meinem bisherigen Berufsleben.

Zwar war, wie ich schon richtigerweise vermutete, es zu einer Blutung in das Innere des Auges gekommen, doch schemenhaft bot sich ein Bild einer zwar abgehobenen Netzhaut, die noch nicht die Stelle des schärfsten Sehens betroffen hatte, aber deren Struktur nicht zu den üblichen Netzhautablösungen passte.

Meine initiale Vermutung eines recht selten auftretenden Aderhautmelanoms verhärtete sich im Rahmen der weiterführenden Diagnostik und führte so denn mit der entsprechenden Verdachtsdiagnose zur Klinikeinweisung, wo dann die weitere Abklärung des Befundes zur Unterscheidung von einer Aderhautmestase zur weitergehenden Differenzierung erfolgen muss - ehe eine Behandlung eingeleitet wird.

Nun ist das so eine Sache. Denn als Augenarzt hat man es in aller Regel nicht mit der Erstdiagnose einer Tumorerkrankung zu tun. Die Häufigkeit eines Aderhautmelanoms, so denn es keine Metastase eines anderen Primärtumors sein sollte, stellt man als Augenarzt nur selten, denn betroffen sind in etwa nur ein Patient von rund 150 000 Menschen pro Jahr. 

Nun lag es an mir dem Patienten diese lebensverändende Verdachtsdiagnose als Erster mitzuteilen. Eine Diagnose, die sein gesamtes Leben dramatisch verändern wird - und dies von einer Sekunde auf die andere. Als er kam hat er wahrscheinlich an alles möglich gedacht und am morgen als er aufstand sicherlich nicht gedacht, dass sein Leben sich noch vor Sonnenuntergang dramatisch verändern wird und er sich mit der Möglichkeit des Todes und der eigenen Vergänglichkeit zumindest ernsthaft auseinandersetzen wird müssen - auch wenn ein Überleben im lokalen Stadium dieser Erkrankung durchaus gute Chancen hat, sofern keine Metastasen bereits vorliegen.

Alles was man sicher glaubte wird in einem solchen Moment grundlegend in Frage gestellt. Es ist nicht das erste mal, dass ich solche Momente erlebe und der Tod ist mir in meinen Leben bereits unzählige Male in der Zeit als ich mir mein Studium im Krankenhaus verdiente begegnet. Aber in der Augenheilkunde haben sie es vergleichsweise selten mit Diagnosen zu tun, die für den Patienten tödlich enden können, was unter anderem einer der Gründe war für mich diesen wunderbaren Beruf zu ergreifen, weil man besonders oft viel gutes tun kann. Harter Tobak ist eine solche Diagnose. Es lässt auch mich nicht kalt und führte dazu, dass ich gestern nachmittag mir eine Auszeit genommen habe. Betroffene brauchen viel Kraft und Mut um das alles durchzustehen. Vor allem aber brauchen Sie Hilfe - kompetente und professionelle Hilfe.

Alle Probleme - die materiellen Luxusprobleme der durch die Medien manipulierten Massen - werden in solchen Augenblicken vollkommen unwichtig. Und bei genauer Betrachtung sind sie sogar vollkommen belanglos für das Leben eines Menschen.

Die Diagnose "Krebs" verändert alles...

Geld, Reichtum, Besitz - alles unwichtig !

Euro, Dollar, Immobilien? Alles unwichtig ! 

Das einzige was zählt im Leben ist die Zeit in Liebe, die ihnen verbleibt um ihr Leben mit all ihren Sinnen frei und unbelastet zu leben - und zwar voll und ganz in Harmonie mit der Schöpfung und der Natur und den Menschen die sie umgeben.

Sinnlichkeit nennt man das - das Leben mit all seinen Sinnen zu erfassen. In Momenten der Sinnlichkeit spielt die Zeit die ihnen im Leben verbleibt keine Rolle mehr - denn sie gehen ganz im Leben und der Welt auf - sie werden eins mit ihr. Das zu erfahren ist wichtig - erst recht in einer Welt in der Oberflächlichkeit und der schnelle Konsum mehr zählt als Sinnlichkeit und sinnliche Erfahrung. In einer Welt in der alles und jeder auf Bildschirme oder irgendwelche Mattscheiben starrt ist Muße zur Sinnlichkeit der wahre Luxus der hartarbeitenden Menschen...

Sie ärgen sich über Verluste an der Börse? Was für ein Schmarr´n - ist zwar ärgerlich - und dennoch vollkommen unwichtig. Denn das einzige was zählt im Leben ist die Liebe und die Zeit, die ihnen noch auf Erden verbleibt. Nutzen Sie sie, erfüllen sie sich ihre Träume - nicht materielle - sondern die idiellen - jene einmaligen Erlebnisse und sensationellen Momente, die sie schon immer mal sprichwörtlich erleben wollten.

Nun - bei dem betroffenen Patienten wird man mit etwas Glück eventuell das Auge retten können, sofern es sich wirklich um ein Aderhautmelanom handeln sollte und dies noch nicht im Körper gestreut hat. Die Chancen für den Patienten stehen 50:50 das ganze zu überleben, sofern es sich nicht bereits um eine Metastase handelt. Seine Überlebenschancen sind somit besser, als die des gegenwärtigen Finanzsystems in dem der Schuldenkrebs alles vernichten wird.

50 Prozent Überlebenschance, falls noch keine Metastasen vorhanden sind - möglicherweise muss dafür auch das Auge geopfert werden. Es gibt weiss aus schlimmere Tumoren. Doch wehe es liegen Metastasen vor - dann gilt es die wenigen Monate, die noch verbleiben so gut wie möglich zu nutzen.

Ich drücke allen die mit einer ähnlichen Diagnose konfrontiert sind die Daumen, dass keine Tochtergeschwülste existieren und sich am Ende alles zum guten wendet - vor allem aber die Kraft und den Mut mit den Herausforderung umzugehen und sie zu bestehen und auch zu überstehen..

Denn nur dann besteht die Chance auf ein Überleben der Erkrankung. In allen anderen Fällen sinken die Überlebenschancen dramatisch.

Warum schreibe ich nun über ein solches Thema? 

Zum einen ist dies nicht Alltag für einen Augenarzt - und man sieht wenn überhaupt vielleicht alle 10 Jahre mal ein Aderhautmelanom, sofern man nicht an einem Tumorzentrum tätig ist. Ich kann mit dem Patienten mitfühlen der im Glauben an ein langes Leben nun wahrscheinlich verunsichert über seine Zukunft bange Stunden, Tage und Wochen durchleben wird -  denn wir alle sind seelische Wesen. 

Wenn er Glück hat, wird er diese schlimme Zeit der Ungewissheit überleben und noch viele schöne Jahre vor sich haben - ob mit einem Auge weniger ist dabei am Ende vollkommen sekundär. Lieber verliert man ein Auge, als sein Leben. Doch Entscheidungen - ,möglicherweise auch schwere Entscheidungen - müssen getroffen werden, sobald man sich ein umfassendes Bild gemacht hat.

Wie belanglos sind die ewigen Streiterein um Nichtigkeiten der Menschen, der Krieg um Geld und Marktanteile - um alltäglichen Blödsinn einer irregeführten Weltordnung - vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit des Lebens. Das einzige was mich ärgert ist, dass die Massenmedien auch heute noch gegen die Ärzte wettern, wenn diese ihren Patienten sinnvolle Vorsorgeuntersuchungen anraten.

Wer hat nicht schon Artikel gelesen, in denen die Ärzte der Geldschneiderei bezichtigt wurden, weil sie von den Krankenkassen nicht finanzierte Vorsorgeuntersuchungen als Selbstzahlerleistungen den Patienten ans Herz legen. Wenn Schreiberlinge, die möglicherweise nicht einmal Abitur haben, sich Urteile über medizinisch sinnvolle Vorsorgeleistungen erlauben, stehen einem oftmals als wissender die Haare zu Berge.

Klar - in vielen Fällen findet man keine krankhafte Veränderung. Doch wird die Diagnose einer ernsthaften Erkrankung gesellt, wie sie beispielsweise ein Aderhautmelanom darstellt oder auch eine Glaukomerkrankung, dann war das Investment eine wichtige und sehr gute Investition in die eigene Zukunft und die Aufrechterhaltung der eigenen Gesundheit. Nur das wird gerne stets vergessen...

Denn auch beim Aderhautmelanom gilt wie bei vielen Erkrankungen - je eher die Diagnose gestellt wird umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung von Metastasen und umso besser ist die Prognose quo ad vitam... 

Vorsorge in Eigenverantwortung hilft daher - auch wenn die Medien stets behaupten die Ärzte würden Geld damit schneiden wollen - die Prognose im Ernstfall zu verbessern und seine eigenen Chancen zu erhöhen noch viele Jahre mit seinen Liebsten in guter Gesundheit zu verbringen.

Wenn also ihr Augenarzt ihnen beim nächsten mal erklärt, dass sie auch eine Netzhautvorsorgeuntersuchung machen sollten und eine Glaukomvorsorge - so sind dies sicherlich sinnvolle Investitionen in ihre Gesundheit. Ebenso kann es nie schaden einmal im Jahr ihren Augenarzt zu konsutieren, wenn sie keine anderweitigen Vorerkrankungen haben. Vergessen Sie Optiker - denn die haben keine Ahnung von Augen, allenfalls von Brillen. Sie gehen mit ihrem Auto zur Inspektion ja auch nicht zum Fahrradhändler, oder?

Und wenn die Medien ihnen was anderes erzählen wollen, dann achten Sie darauf, dass nicht die Ärzte diese Zustände zu verantworten haben, sondern die Politiker und Krankenkassen, die immer mehr Leistungen im Sozialsystem zusammenstreichen - ungeachtet der Proteste seitens der Ärzteschaft gegen diese Kürzungen und Verschlechterung der Versorgungsqualität, während man andernorts Milliarden und Billionen inzwischen bankrotten Bankern hinterher wirft...

In diesem Sinne - wünsche ich allen Leserinnen und Lesern frohe Pfingstfeiertage im Kreis ihrer Liebsten.

Herzliche Grüße.

Cord Uebermuth.

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